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Die Story...

Die Vegetarier

  • Autorenbild: Julia Schmitt
    Julia Schmitt
  • 4. Aug. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 25. Feb.

Es war einmal, vor einiger Zeit, ein Wolfsrudel in Kanada, das sich dazu entscheiden musste vegetarisch zu leben. Es lag aber nicht daran, dass ihnen Fleisch nicht schmeckte, oder sie Hemmungen hatten andere Lebewesen zu töten – auf keinen Fall. Sie waren die geborenen Jäger und es erfüllte sie mit Stolz und Freude, wenn sie ihre Zähne in ein anderes Tier schlugen und an Ort und Stelle verspeisten. Leider kam es nicht oft zu diesen fantastischen Erlebnissen, da das Wolfsrudel einem Gendefekt unterlag und sich aufgrund seiner Fellfärbung nur schlecht verstecken, geschweige denn heranpirschen konnte. Unter den anderen Wolfsrudeln waren sie nur als die „Kanarien-Köter vom Green Timbers Urban Forest“ bekannt, denn ihre Felle waren quietschgelb!

Und so entschieden sie, nachdem sie mal wieder mehrere Tage nichts gegessen hatten, auf Grünzeug umzusteigen, das zwar immer ganz blöd zwischen den Zähnen hing, aber doch auch irgendwie kurzzeitig satt machte.


Eines Tages stand John, der Anführer der Kanarien-Köter vom Green Timbers Urban Forest, vor seinem sechsköpfigen Rudel, blickte in hohle Augen und sagte: „Wölfe, so geht es nicht weiter. Wir sind Fleischfresser und wir brauchen Fleisch, um zu überleben und zu leben. Eine vegetarische Ernährung wird uns umbringen. Wir fallen eh schon auf wie bunte Vögel und müssen uns besonders vor den Menschen in Acht nehmen. Wenn wir auch noch dauerhaft völlig erschöpft sind, werden wir über kurz oder lang von ihren Flinten über den Haufen geschossen, weil wir nicht rechtzeitig flüchten können. Wölfe! Wir müssen einkaufen gehen.“ Das Rudel, bestehend aus Tim, Anny, Gary, Megan, Arnold und Lucy, machte große Augen und schaute sich verdattert an. Fragezeichen stiegen über ihren Köpfen auf.

„John, das geht nicht. Wir sind Tiere. Wir können nicht einfach in ein Lebensmittelgeschäft gehen. Wir werden abgeknallt bevor wir auch nur in die Nähe der Tür kommen.“

„Anny, Anny, Anny, immer so ängstlich.“

„Ich bin schwanger, John. Ich denke auch an den Fortbestand des Rudels, du Idiot!“, stieß Anny schmollend hervor.

„Leute“, setzte John erneut an, „das wird ein Heidenspaß! Vertraut mir. Wir müssen allerdings noch etwas lernen bevor wir einkaufen gehen können.“

Die Fragezeichen über dem quietschgelben Rudel wurden größer und größer.

 

„Wouuhouu!“ Laute Musik dröhnte durch die langen Regalreihen des Lebensmittelmarktes. Einige Kunden, die in unmittelbarer Nähe standen, spähten in den Gang der Fleischkonserven und trauten ihren Augen nicht. Fünf in quietschgelbe Wolfskostüme verkleidete Menschen räumten die Regale leer, grölten, lachten und tranken völlig ausgelassen. „Paaaaaaaarty!“, schrie einer von ihnen und legte eine heiße Sohle aufs Paket.

„Gary, übertreib nicht“, zischte Megan ihm zu. „Ach, was, diese doofen Menschen raffen doch eh nichts.“ „A one, a two, a one two three four; it’s Mambo Nr. 5“, trällerte Gary und lief im Moonwalk den Fleischkonserven-Gang ab, währenddessen er nahezu alle Dosen mit seinem ausgestreckten Arm in den Einkaufswagen wischte und pfeifend weiter tanzte.


John stand währenddessen mit Anny an der Fleischtheke und wartete geduldig bis seine Nummer auf dem Display erschien. Die anderen, wartenden Kunden schüttelten den Kopf. „Die Leute werden doch immer bescheuerter.“ „Junggesellenabschied“, zwinkerte John einer Kundin zu und nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche, in der allerdings nur Limo war. Anny lief derweil das Wasser im Mund zusammen und sie konnte sich nur mit Mühe beherrschen nicht über die Theke zu springen und sich an der ganzen Auslage zu laben.


„Nummer 34, bitte“, sprach eine Verkäuferin und John blickte auf. „Wir hätten gerne 30 kg Schweinehack, 40 Blutwürste, 15 Leberwürste, 30 kg aufgeschnittenen Braten. Wir gehen heute noch zu einer größeren Veranstaltung, wissen Sie? 40 kg Salami, 30 kg Pute, …“, bestellte John seine lange Liste. Die Verkäuferin schüttelte zwar mit dem Kopf, aber packte alles ordnungsgemäß ein. Die Theke leerte sich zusehends und John beendete seine Bestellung: „… und 10 kg Corned Beef, bitte.“

„Und ein Döschen Garnelen in Knoblauchsauce“, flüstere Anny ihm ins Ohr. John grinste. Diese Schwangerschaftshormone. „Und ein Döschen Garnelen in Knoblauchsauce, bitte noch. Danke schön.“ John packte alles nach und nach in ihren Einkaufswagen und stolzierte mit wippendem Schwanz und Lucy untergehakt zur Kasse. Hier begegneten sie dem restlichen Rudel. Gary legte bereits eine Konserve nach der Anderen aufs Kassenband und die Kassiererin begann alles abzuscannen. Tim stand am anderen Ende des Bandes und schob alles in seinen Einkaufswagen. Vier mit Fleisch gefüllte Einkaufswagen standen nun abfahrbereit am Kassenende und die Verkäuferin räusperte sich: „1.465,23 Dollar, bitte.“ Tim, Anny, Gary, Megan, Arnold und Lucy schauten sich schockiert an. Bezahlen! Wie sollten sie bezahlen?! Als hätten sie jemals über Geld nachgedacht.


John zog süffisant lächelnd eine American Express hervor und legte sie auf das Kartenlesegerät. Es piepte und er erhielt die Quittung. Das quietschgelbe Rudel war baff und staunte, sagte aber kein Wort. Sie wurden von der Verkäuferin verabschiedet und schoben verdutzt die mit Fleisch gefüllten Einkaufswagen nach draußen, an den Rand des Parkplatzes, der an einen Wald mündete. Hier verpackten sie grinsend alles in braune Säcke, ließen die Einkaufswagen stehen und trotteten voller Vorfreude aufs Abendmahl in den Wald.


„Immer diese betrunkenen Assis“, schimpfte der Hausmeister einige Stunden später als er die vier Einkaufswagen zurück ins Geschäft fuhr.


Und wenn sie nicht gestorben sind, sieht man die Kanarien-Köter vom Green Timbers Urban Forest auch heute noch ihr Unwesen in diversen Lebensmittelmärkten treiben.

 
 

Julia Diandra Schmitt

YoleJule

Kontakt: 

Telefon: +491746914093

Email: jd.schmitt@icloud.com

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