Atemlos
- Julia Schmitt

- 21. Juli 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Feb.
Ich habe wieder mit Sport im Fitnessstudio angefangen und als mir der Schweiß die Stirn und den Rücken herunter ran, während ich Kilometer nach Kilometer auf dem Stepper zubrachte, fragte ich mich: Was ist eigentlich Kondition? Denn außer Atem war ich auch nach einer Stunde noch nicht. Der Schweiß lief in Strömen, meine Beine stöhnten auch langsam auf und meine Schultern wussten auch nicht mehr wie ihnen geschah, aber mein Atem war ruhig. Das könnte natürlich jetzt daran liegen, dass ich kein Vollgas gegeben habe, oder dass ich einfach eine fantastische Kondition besitze, die selbst nach 15 Jahren ohne viel Sport überlebt hat.
Nach meinem höchst aktuellen Brockhaus von 1968 bedeutet Kondition einfach nur „sportliche Verfassung“. Und ich dachte, es hätte immer etwas mit einer schnell auftretenden Kurzatmigkeit bei zunehmender körperlicher Belastung zu tun. So ein Quatsch also! Der offizielle Begriff für Kurzatmigkeit, ob nun beim Sport, oder im Alltag auftretend nennt man laut KI „Dyspnoe“. Zum Glück muss ich es nur aufschreiben, denn ich habe keinen Schimmer wie man es richtig ausspricht. Dyspnoe beschreibt also einen Zustand, in dem die Atmung als anstrengend empfunden wird, oder man sogar Luftnot hat. Sollte dieser Zustand während des Sports auftreten, hat man es augenscheinlich etwas übertrieben, ansonsten ist man einfach nur aus der Puste, weil der Körper eine etwas andere Anstrengung verarbeiten darf, die ihm ansonsten im Alltag nicht widerfährt.
Kondition beschreibt also die allgemeine sportliche Verfassung. Meine scheint dementsprechend gar nicht so schlecht zu sein, da ich immerhin eine Stunde auf einem Stepper in recht zügiger Geschwindigkeit ohne Atemnot zubringen konnte. Lungenvolumen sei Dank! Funktioniert alles noch wie es soll!
Nun kommt wahrscheinlich die Frage auf, warum ich als nebenberufliche Yogalehrerin ins Fitnessstudio gehe. Weil für mich Yoga kein Sport ist, sondern eine Philosophie und eine Lebenseinstellung. Es gibt so viele verschiedene Strömungen mittlerweile im Yoga. Manche führen es in einem 40 Grad aufgeheizten Raum aus, manche fließen von einer Asana (Yoga Haltung) in eine andere, in die Übernächste und die Überübernächste usw. Manche trinken währenddessen Bier oder lassen Welpen im Raum herumlaufen. Manche machen auch Yoga auf der Wiese während die Alpakas um einen herum grasen. Nach meinem Verständnis verbinden die Yogaposen uns mit der Natur, da sie oftmals Tieren oder anderem Natürlichen nachempfunden sind; sie erden, sie beruhigen, sie entschleunigen und entspannen den Geist. Ein wichtiger Bestandteil einer Yogaeinheit sind Ruhephasen, um nachzuspüren, bei sich selbst anzukommen, seinen eigenen Körper wieder wahrzunehmen, seinen Atem zu begleiten und seinen Geist zu beruhigen. Und wenn man das so auslebt, dann verbrennt man weder viele Kalorien noch stärkt man enorm seine Muskeln. Man übt hier und da ein wenig Kraft aus, man dehnt hier und da ein paar Muskeln, Sehnen und Faszien, aber als Sportprogramm kann man meinen Stil wirklich nicht bezeichnen. Und daher habe ich mich entschlossen wieder ins Fitnessstudio zu gehen, ab und an zu schwimmen oder walken zu gehen, um meinem Körper beides zu gönnen: Erholungsphasen, aber auch Phasen der Anstrengung. Erstens wünsche ich mir noch einige Jahrzehnte in dieser körperlichen Hülle auf gesunde Art und Weise zu verweilen, zweitens würde ich gerne aufhören mir Jahr für Jahr ein kleines bisschen größere Klamotten kaufen zu müssen und drittens schüttet man beim Sport, na? Richtig! Endorphine aus! Unsere süßen kleinen Glücksmacher-Hormone!
Mein geliebter Brockhaus Jahrgang 1968 kannte leider noch keine Endorphine, aber mein Duden von 2006 sagt zu den Endorphinen folgendes: „körpereigener Eiweißstoff mit schmerzstillender Wirkung“ (S. 366) Ich gebe zu, es klingt etwas unromantisch, daher noch ein kleiner Auszug aus der KI: „… und schmerzstillende sowie stimmungsaufhellende Wirkung besitzen.“ Super! Gekauft! Man braucht ja nicht zwangsläufig etwas gegen Schmerzen, aber körpereigene Stimmungsaufheller sind schon geil! Warum sollte man das nicht annehmen?
Ich habe es auch sehr lange ohne Sport in meinem Leben ausgehalten und so ganz traue ich meinem aktuellen Motivations-Braten noch nicht. Ich habe den Verdacht, dass mein innerer Schweinehund gerade in den Sommerferien ist und wenn ich am Wenigsten damit rechne, wird er völlig erholt wieder auftauchen und fragen, ob ich noch alle Latten am Zaun habe, oder was dieses ins Fitnessstudio-Gegehe gerade soll?! Aber bis dahin bin ich jedes Mal ein bisschen mehr stolzer, wenn ich den Weg zum Sport geschafft habe. Freue ich mich ein bisschen mehr, über meine Motivation und die vollgeschwitzten Klamotten, die durchgewaschen werden dürfen. Genieße ich ein bisschen mehr, die Endorphin-Explosion in meinem fantastischen Wunderwerk namens Körper und zelebriere die wieder entdeckte Freude körperlich aktiv zu sein.
Das Tolle am Sport ist, er ist überhaupt nicht nachtragend. Selbst, wenn man ihm wie ich, 15 Jahre den Rücken zukehrte, steht er sofort zu Stelle und empfängt einen mit offenen Armen, wenn es denn dann wieder los gehen soll! Ein toller Compagnon! Quasi einer zum Pferdestehlen bzw. zum Kilos verbrennen.
Mein Freund sagte mir bereits einige Male, wenn ich an meiner Körperform herumnörgelte: „Man muss sich einfach nur bewusst machen, dass diese Fettpolster der Körper angelegt hat, um in einer Notsituation als Reserve darauf zurückgreifen zu können.“ Ich fand das ja ganz süß, allerdings hinkt diese Begründung für mich ein wenig, da wir nun mal in einer Überflussgesellschaft leben, zum Glück also momentan keinerlei Mangel erfahren müssen. Also braucht mein Körper leider eigentlich keine Reserven. Aber so schlimm ist das alles nun auch wieder nicht, denn laut neusten Begriffsdefinitionen bin ich einfach nur „skinny fat“. Das heißt unter meinen weichen Fettpolstern befinden sich Muskeln und die sind gar nicht so unscheinbar. Das gibt doch Hoffnung! Also werde ich mich jetzt mal auf den Weg machen, um diesen aktuell noch sehr versteckten Muskeln den Weg nach außen zu zeigen, um in einer Notsituation nicht nur eine kleine Reserve zu haben, sondern auch die Kraft & Power das dann überhaupt aushalten zu können. Abmarsch ins Fitnessstudio & rauf auf den Stepper!
Aber erst nochmal ein Käffchen! In der Ruhe liegt die Kraft, wusste schließlich schon Konfuzius, der immerhin bereits 72 Jahre wurde und zwar wahrscheinlich 551 v. Chr. bis 479 v. Chr. Solch einen weisen Mann, sollte man tunlichst ernst nehmen. Have fun und immer schön sportlich bleiben!




